Unser Immunsystem ist, nicht nur in Zeiten von Pandemien, ein extrem wichtiges und komplexes System in unserem Körper. Im Rahmen der Regeneration ist das Immunsystem direkt daran beteiligt, unseren Körper wieder zu reparieren und fit für das nächste Training zu machen. Das Immunsystem ist dabei eine hochkomplexe Mischung aus Kommunikation und vielen miteinander verknüpften Akteure, die wir in diesem Beitrag grob vorstellen wollen.
Spezifisches vs. unspezifisches Immunsystem
Grundsätzlich sollten wir, wenn wir über das Immunsystem sprechen, zwischen den zwei verschiedenen Arten unterscheiden. Wir unterscheiden zwischen dem angeborenen Immunsystem (unspezifisches) und dem erworbenen Immunsystem (spezifisch).
Das angeborene Immunsystem
Das angeborene Immunsystem (AS), auch das unspezifische genannt, entwickelt sich bereits als im Mutterleib und stellt sozusagen die Basics für unsere körpereigene Abwehr von Infektionen.Anders als beim erworbenem Immunsystem (ES) reagiert das AS erst mal auf alle Krankheitserreger erst mal gleich. Zu diesem System gehören vor allem physische Barrieren wie z.B. die Haut, sowie unsere Leukozyten. Unser Körper hat im Laufe der Evolution eine Vielzahl von physischen Barrieren geschaffen, die Bakterien und andere Krankheitserreger daran hindern soll, überhaupt in unser Körperinneres zu kommen. Zu diesen Barrieren gehören unter anderem:
- Mechanische Barrieren wie z.B. unsere Haut (Epidermis), Schleimhäute oder die Darmwand
- Design unserer Zellen: Unsere Zellen sind so angeordnet, dass im Regelfall keine Schadstoffe durch diese Barrieren kommen können
- Durch einen niedrigen pH-Wert auf Oberflächen werden Bakterien in ihrer Bewegung eingeschränkt
- Körpereigene Bakterien (Mikrobiom) verteidigen unseren Körper, z.B. im Darm
- Magensäure tötet Krankheitserreger ab
- Flimmerephitele filtern Bakterien aus der Atemluft
Die Leukozyten
Unsere weißen Blutkörperchen haben elementar wichtige Aufgaben für das Immunsystem. Diese Teilchen zirkulieren mit dem Blut permanent und überall durch unseren Körper und erkennen so unmittelbar Krankheitserreger, Fremdkörper und totes Gewebe. Es gibt drei verschiedene Arten von Leukozyten, welche alle jeweils unterschiedliche Aufgaben übernehmen:
- Granulozyten machen 45-75% aller weißen Blutkörperchen aus. Sie greifen vor allem Bakterien, Pilze und Parasiten an. Diese Art von Abwehrzellen werden im Knochenmark gebildet und dann ins Blut abgegeben. Trotzdem können sie auch die Blutbahn verlassen und ins tiefe Gewebe vordringen.
- Monozyten sind die Riesen unter den weißen Blutkörperchen. Sie dringen ins Gewebe ein und werden dort zu Fresszellen. Sie können außerdem Zytokine und Mediatoren freisetzen. Beide Stoffe können einleiten bzw. aufrechterhalten. Entzündungen sind per se nichts schlechtes, denn nur so können Verletzungen heilen. Wenn der Körper jedoch eigentlich gesundes Gewebe angreift, wird es zum Problem.
- Makrophagen sind die sogenannten Fresszellen. Sie nehmen Krankheitserreger in sich auf und zersetzen sie. Besonderheit dabei ist, dass sie auch mit dem spezifischen Immunsystem kommunizieren können. So erlernt der Körper die Abwehr und speichert sie fürs nächste mal (Antigen-Präsentation).
Darüber hinaus gibt es weitere Zelltypen, die verschiedenste Aufgaben übernehmen. So gibt es z.B. die Natürlichen Killerzellen, die für die Abtötung von Tumorzellen zuständig sind. Dendritische Zellen sammeln Pathogene und bringen sie in den nächsten Lymphknoten, wodurch eine Immunantwort ansteht. Das soll für den Anfang jedoch reichen.
Das spezifische Immunsystem
Das spezifische Immunsystem wird im Laufe unseres Lebens erworbenen und erweitert. Im Gegensatz zum angeborenem Immunsystem ist das erworbene Immunsystem (ES) effizienter und passt sich mit der Zeit an. Das ES erkennt spezifische Krankheitserreger und reagiert dann mit genau für diesen Erreger passenden Antwort (Antigen). Hat der Körper einmal eine Krankheit durch gemacht, sorgen sogenannte Gedächtniszellen dafür, dass die Immunantwort gespeichert wird. Bei der nächsten Infektion kann der Körper somit schnell handeln und wir werden nicht krank. Auf diesem Prinzip funktionieren im Grunde auch Impfungen oder auch der Fakt. dass man in der Regel nur einmal im Leben Windpocken bekommt.
Exkurs: Immunsystem und Regeneration
Genug der Theorie. Wie in der Einleitung schon gesagt, hat das Immunsystem auch einen großen Anteil an der Regeneration. Sprechen wir zuerst einmal über das Open Window Syndrom, welches wir in diesem Beitrag bereits kurz angerissen haben.
Das Open Window Syndrom umschreibt die immunologische Lücke nach sportlichen Belastungen des Organismus. Es gilt als bewiesen, dass Infektionskrankheiten nach intensiven Belastungen vermehrt festzustellen sind. Unser Immunsystem lässt nach großen körperlichen Anstrengungen Infektionserreger quasi wie durch ein offenes Fenster eindringen, da es mit den Schäden im Körper bereits stark beschäftigt ist und seine Ressourcen nicht teilen kann.
Wenn wir hart trainieren, ggf. sogar einen Wettkampf bestreiten, bewegen wir an der Belastungsgrenze und vielleicht sogar darüber hinaus. Das stellt für den Körper einen großen Stress dar, der sich z.B. durch feine Risse in der Muskulatur und Proteinbruchstücke äußert. Folglich schwirrt totes Gewebe in unserem Körper rum, was zum Problem wird, da es eine aseptische Entzündung triggert. Genau hier setzt unser Immunsystem an. Es erkennt diese toten Gewebestücke und die Schäden an noch intakter Muskulatur und will diese reparieren bzw. das tote Gewebe fressen.
Dadurch ist unser Immunsystem bereits stark ausgelastet, weswegen es unter Umständen Krankheitserreger nicht erkennt. So kommt es zu typischen Überbelastungserscheinungen wie Kratzen im Hals und eine darauffolgende Erkältung nach einer starken körperlichen Belastung. Je nach Art, Dauer und Intensität der Belastung kann diese Phase der Verletzbarkeit mehrere Stunden bis Tage dauern. Die Grafik unten zeigt die Teilungsfähigkeit der Lymphozyten nach einem Marathonwettkampf, also einer starken Belastung.
Vorbeugung
Sollte man jetzt keine intensiven Einheiten mehr machen? Doch, unbedingt. Es bedarf jedoch ein bisschen Planung, um das Zeitfenster des Open Window Effekts infektfrei zu durchleben. Gerade im Leistungssportbereich und vor wichtigen Wettkämpfen ist es wichtig, dies im Rahmen der Trainingsplanung zu berücksichtigen.
Folgende Maßnahmen sind für uns Hobby- & Amateursportler einfach umsetzbar:
- Sofort nach dem Training ins Warme. Dehn dich in der Wohnung und nicht draußen. Wenn du noch mit dem Auto Nachhause musst, ziehe dir eine Mütze und einen Schal an
- Sofort die nasse Kleidung ausziehen. Gerade wenn der Schweiß kalt ist, entzieht er dir Wärme
- Heiß Duschen nach der Belastung um die Körpertemperatur zu stabilisieren
- Kohlenhydrate und Flüssigkeit direkt im Anschluss, um die Schleimhäute zu befeuchten
- Menschenmassen meiden für die nächsten Stunden, gilt auch nach Corona
- Regenerationsphasen einhalten, mehr dazu im hier im Blog
Fazit
Unser Immunsystem ist hochkomplex und anpassungsfähig. Gewisse Krankheiten kann sich unser Körper merken und somit eine passende Antwort bei einer erneuten Infektion liefern. Dazu kommt unser angeborenes Immunsystem, welches breit und gegen viele verschiedene Erreger arbeiten kann. Auch in Sachen Regeneration leistet unser Immunsystem Höchstleistungen, wenn es darum geht totes Gewebe und Muskeltrümmer abzutransportieren. Alles in allem wieder einmal eine bemerkenswerte Schöpfung der Evolution!